Es gibt Straßen und dann gibt es auch noch Straßen

Blogeintrag 6. Oktober 2021

Weil es so ein tolles freies WLAN für uns gab,

blieben wir gleich eine zweite Nacht auf dem Parkplatz des Restaurants Dobre Vode stehen. War es am Morgen der ersten Nacht noch 11 Grad frisch, wachten wir am nächsten Morgen nur mehr bei 8 Grad Innentemperatur auf. Rasch wärmte allerdings die Sonne und die Gasheizung unseren Big Fredi auf meine Betriebstemperatur auf. Zu tun gab es am Parkplatz absolut nichts. Die Bundesstraße war nicht begehbar, weil zu gefährlich und der Abstieg zum Fluss Morača zu steil und unwegsam.

Gestern (5.10.2021) gegen Mittag und gut erholt gingen wir die Reise zum Meer an. Zumindest glaubten wir das. (Meine Geodaten vom Stellplatz am Meer waren falsch aus Park4night kopiert oder ins Navi falsch eingegeben, sodass wir am Ende der Welt landeten.)

Aber, schön der Reihe nach. Auf der Hauptstraße von Montenegro, die den Norden mit dem Süden verbindet, ging es noch gut eine Stunde bis zur Tankstelle kurz vor Podgorica auf gut ausgebauter kurviger Bundesstraße dahin. 

einer der unbeleuchteten oder schlecht beleuchteten Tunnels mit Gegenverkehr

Ein vollkommen unbeleuchteter und langer Tunnel und viele kurze finstere Tunnels auf dem Weg brauchten Wilfrieds ganze Konzentration und Aufmerksamkeit. Auch durch Podgorica war das Fahren kein Problem. Schöne breite Straßen, übersichtlich und die anderen Verkehrsteilnehmer sicher keine Italiener. 

Ab dann wurde es wild. Unser Navi wollte ja nicht nach Kotor, wo wir hin wollten, sondern in irgendein Nest auf dem Berg. Also ging es gleich einmal auf der meiner Meinung (- die ich aber für mich behielt – ) falschen Straße Richtung Nikšić  und nicht Cetinje weiter. Nach 2 km endete die Straße in einer kilometerlangen staubigen Baustelle.

Fleißige Arbeiter rechts und links in ihren riesigen Baumaschinen und Handwerker zu Fuß waren zu sehen. Es ging im Schritttempo dahin. Dann die Ausfahrt in ein winziges Dorf und eine Einfahrt in eine einspurige Straße. Auf meinem Straßenatlas nur mehr als gepunktete Linie eingezeichnet und im Navi mit 24 km ohne Umkehrmöglichkeit ausgewiesen, steckten wir irgendwie fest. Von da ab hieß es nur mehr: weiterfahren, beten und hoffen, dass kein Gegenverkehr kommt. Aber alles beten half nichts. 2 Autos ließen wir in einer Bucht vorbei fahren, 4 oder 5 mal begegnete uns ein Auto.

Ein großer und schwerer holzbeladener LKW fand zum Glück eine Ausweichstelle und ließ uns vorbei. Es ging stetig bergauf. Rechts oder links der Abgrund, auf der anderen Seite Felsen oder Sträucher.

Die Geschwindigkeit am Navi zeigte 11 km/h. Nach einer Stunde und 15 Minuten, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, sahen wir plötzlich eine Mauer am linken Straßenrand. Eine Abzweigung führte direkt auf den Parkplatz zu einem Friedhof. Ein geräumiger, ebener Platz, eine Aufbahrungshalle, ein überdachter Platz, der an einen Busbahnhof erinnert, aber offenbar bloß Schatten spenden soll während länger dauernder Begräbnisfeiern.

Sofort entschieden wir, diesen Platz zu unserem Schlafplatz zu nehmen. Absolut still – von den Toten ist nicht anzunehmen, dass sie Radau machen und die nächste Ortschaft liegt 14 km entfernt und ist auch nicht der Brennpunkt lustigen Lebens. Als wir durch fuhren wurden wir bloß von einigen neugierigen Kinderaugen bestaunt. 

Ich verpackte das Gemüse, das wir am Vortag gekocht hatten in eine Pita, wie ich es von Ana in Belgrad gelernt hatte. Es schmeckte köstlich. Der Rest wird heute kalt verspeist.

In Belgrad zeigte uns Ana wie eine Pita gemacht wird

Mein kleiner Spaziergang auf der Hauptstraße wurde zu einem 5 km Ausflug, nur gestoppt durch das Bellen von Hunden, die plötzlich an einem einsamen Bauernhof auftauchten. 

in schlechter Erinnerung habe ich den Hundebiss in Malta

Da meine Erfahrung mit Hunden (siehe Malta Jänner 2021) nicht sehr rosig ist, drehte ich sofort um, um die beiden Viecherln nicht noch mehr gegen mich aufzubringen. Einer der beiden verfolgte mich aus sicherer Enfernung. Sicher hat er meinen Adrenalinausstoß gerochen. 

Der Spaziergang hatte sich aber auf jeden Fall gelohnt. Es tat mir gut, mich in der frischen Luft zu bewegen. Die Temperatur war angenehm warm, das Bergland weiter im Norden war um diese Tageszeit schon wesentlich kälter gewesen. 

Wilfried, der beim Auto geblieben war, berichtete von plötzlichem regen Treiben am Friedhof und einer der Männer sprach ihn sogar an. Ermutigt durch ihn ging auch ich auf die Männer zu, nachdem ich wieder beim Auto war. Es waren Arbeiter, die etwas am Friedhof ausmessen mussten. Im weißen Mercedes waren sie angefahren gekommen und einer von ihnen sah eher wie ein Chef aus. Mit ihm konnte ich mich auch auf Englisch unterhalten und nach dem Weg nach Kotor fragen.

Mit einer kleinen Zeichnung bewaffnet kehrte ich siegessicher zu Wilfried zurück, der am Navi unseren Fehler rückverfolgen konnte. Wir stellten das Navi auf Kotor um und morgen sollte es in 65 km so weit sein, dass wir am Meer sind. Die Temperaturen sind schon wesentlich milder. Auch nachts ging die Temperatur nur auf 16 Grad herunter. 

Zeitig am Morgen begann dann ein Gewitter einen Regentag einzuläuten. So beschlossen wir eine zweite Nacht hier zu verbringen. Mitten in den Bergen, am Friedhof in absoluter Stille. 

Wir lassen uns vom weiteren Straßenverlauf überraschen. Schlimmer kann es eigentlich jetzt nicht mehr werden. 

Nach dem Verspeisen der kalten Pita von gestern wurde es langsam immer heller, der Regen hörte auf und die Sonne blinzelte zaghaft durch die Wolken. Ein deutlicher Ruf nach Draußen ließ mich den Friedhof genauer inspizieren. Welch ein aufwändiger Bergfriedhof.

Der Wiener Zentralfriedhof hat – glaube ich – auch keine größeren Grabstätten mehr.

Die Kapelle am höchsten Punkt beherbergt wunderschöne Ikonenbilder. Ich wundere mich, wie die großen Grabsteine hierher gelangt sein können.

Da braucht es schon schweres Gefährt hierher. Bei diesen Straßen ein Riesenaufwand.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Social media & sharing icons powered by UltimatelySocial
Instagram